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Kräuterweihe & Frauendreißiger

Im August und September wird den Wildkräutern eine ganz besondere Zeit gewidmet.

Mit dem Fest am 15. August „Mariä Himmelfahrt“ (= ein Hochfest, mit dem Marias Aufnahme in den Himmel gefeiert wird), lebt ein uraltes Brauchtum wieder auf: das Binden und Weihen von Kräuterbuschen. Dieser besondere Tag im Jahreskreis verbindet religiöse, bäuerliche und heidnische Elemente – und steht ganz im Zeichen der heilenden Kräfte der Natur und der weiblichen Spiritualität.

„Mariä Himmelfahrt“ ist eines der ältesten Marienfeste und wird seit dem 5. Jahrhundert in der der christlichen Kirche gefeiert, das Fest ist Maria gewidmet. Ihr zu Ehren werden zu diesem Fest Kräuter gesammelt, die „Marienkräuter“,  zur Kräuterweihe in die Kirche gebracht und für Maria geweiht.

Die geweihten Kräuter galten als besonders wirksam und wurden über das Jahr hinweg verwendet – zur Linderung von Krankheiten, zum Schutz von Haus und Hof oder als Räucherwerk in Zeiten des Übergangs.

Zu den traditionellen Kräutern gehören zum Beispiel: 

  • Johanniskraut (Licht und Schutz),
  • Beifuß (Abwehr von Krankheit und bösen Geistern),
  • Kamille (Heilung und Frieden),
  • Schafgarbe (Frauenheilkraut),
  • Königskerze (Verbindung von Himmel und Erde),
  • Thymian, Minze, Wermut, Rainfarn und viele andere

Oft wurde der Buschen mit Getreideähren, Mohnkapseln oder Rosen ergänzt – Zeichen für Fruchtbarkeit, Schönheit und die Dankbarkeit für die Ernte.

Der Kräuterbusch kann aus einer bestimmten Anzahl an Kräutern gebunden werden: 7, 9,12, 14, oder 99. Jede Zahl hat eine besondere Bedeutung:

  • 7 für die Schöpfungs- bzw. Wochentage
  • 9 für 3x3 in Bezug auf die Dreifaltigkeit
  • 12 steht für die 12 Apostel
  • 14 steht für die 14 Nothelfer
  • 99 steht für 3 x 33 wieder als Symbol für die Dreifaltigkeit

Nach der Weihe in der Kirche wurde der Kräuterbusch zu Hause an einen besonderen Ort gehängt – über die Haustür, in den Stall, auf den Dachboden oder neben den Herrgottswinkel. Dort sollte er das Haus segnen, vor Unheil schützen und bei Krankheit oder Gewitter heilende Kraft entfalten.

Der „Frauen-Dreißiger“ – Heilige Zeit zwischen Sommer und Herbst

Mit Mariä Himmelfahrt beginnt zugleich eine ganz besondere Zeit im alten Bauernkalender: der sogenannte Frauen-Dreißiger – 30 Tage, die von 15. August bis 14. September reichen.

Diese Zeit galt früher als „kleiner Jahreskreis im Jahreskreis“, eine Schwellenzeit, in der die Natur sich langsam zurückzieht, die Ernte eingebracht wird und die Felder zur Ruhe kommen. Für Frauen war es eine besonders kraftvolle und spirituelle Phase: Die Kräuter, die in diesen Tagen gesammelt wurden, galten als besonders heilkräftig – die Erde ist noch warm, die Sonne kraftvoll, die Pflanzen voller Reife.

Im Volksglauben hieß es:
“Kräuter, die im Frauen-Dreißiger gesammelt werden, helfen dreifach.”

Der Frauen-Dreißiger war aber nicht nur Heilzeit für Pflanzen, sondern auch für Körper, Geist und Seele. Frauen wurden ermutigt, zu räuchern, Rituale zu feiern, sich zu reinigen und sich mit ihrer inneren Weisheit zu verbinden – eine Art „Sommer-Rauhnächte“, leise und lichtvoll.

Diese Zeit bietet auch heute Raum für:

  • Rückzug und Innenschau
  • Dankbarkeit für das Gewachsene
  • Loslassen dessen, was nicht mehr dient
  • Verbindung zu uraltem Frauenwissen

Die Kräuterweihe am 15. August und der Frauen-Dreißiger sind mehr als schöne Bräuche: Sie sind Tore zur Natur, zur Spiritualität und zu altem, weiblichem Wissen. Sie erinnern uns daran, dass alles in Zyklen geschieht – Wachsen, Reifen, Ernten und Ruhen. Und dass wir, genau wie die Pflanzen, Zeiten brauchen, in denen wir innehalten, heilen und uns neu ausrichten dürfen.

Vielleicht ist gerade jetzt für Dich auch  ein guter Moment, barfuß durch die Wiese zu gehen, ein paar Kräuter zu sammeln, einen Buschen zu binden – Wildkräuter sammeln mit guten Gedanken und vielleicht einem kleinen „Danke, dass es dich gibt, dass ich dich ernten darf“ – das verbindet Dich noch mehr mit den Kräutern , und mit deinen positiven Gedanken ehrst du sie.